Leitung: Thomas Dojan
Kontakt und Anmeldung: tdojan@smail.uni-koeln.de
»Es war einmal …«, erinnert sich das Märchen.
Wie eine Kindheitsreminiszenz führt das Märchen in eine Welt der Übergänge zwischen Realität und Phantasie, in der die grundlegenden Konfliktthemen der Individuation des Subjekts thematisch werden: Märchen handeln von Liebe, Geborgenheit und Gehorsam, aber auch von Protest, Hass, Verlust, Einsamkeit, Angst und Gewalt. In ihrer traumnahen Ausgestaltung bedienen sie sich aller Kunstgriffe des Unbewussten zur Übersetzung seines Materials: Wunschgedanken überschreiten in phantastischer Entstellung die Schwelle der Zensur, die Motive verschieben sich in metonymischen Reigen, Figuren verdichten sich zu metaphorischen Chiffren, das Begehren denkt über den Gedanken hinaus. Und doch besticht das Märchen durch eine sonderbare Anerkennung des Realitätsprinzips, durch seine unbeugsame Diesseitigkeit. Nur, »wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute« und die Seligkeit, die das Märchen kennt, ist »glücklich bis an das Lebensende«, aber nicht darüber hinaus.
Das Märchenseminar widmet sich der Lektüre von Märchen gleichsam als Fallvignetten, an denen psychoanalytische Theorien illustriert und Deutungen geübt werden können.